Interview mit Gérard Patot, EBR-Vorsitzender bei EADS
Frage: Vor welchen Herausforderungen steht EADS heute und welche sind die gravierendsten für den Europäischen
Betriebsrat?
Patot: Die Situation bei Airbus ist mit Abstand die größte Herausforderung für uns. EADS – abgesehen von Airbus – geht es
gut, die Auftragsbücher sind voller als im vergangenen Jahr. Airbus ist aber die größte Sparte innerhalb des EADS-Konzerns
und macht den größten Teil des Umsatzes aus. Wenn Airbus hustet, hat EADS die Grippe.
Frage: Wie haben Sie darauf reagiert?
Patot: Die EBR-Mitglieder haben zuerst natürlich die Informations- und Konsultationsrechte genutzt, um sich über die
Situation bei Airbus zu informieren, sowohl im EBR von EADS als auch im Airbus-EBR. Auf beiden Ebenen finden zusätzliche
Treffen des EBR statt, der Airbus-EBR trifft sich alle 14 Tage, die Ausschüsse des EADS-EBR einmal im Monat. Die letzte
Entscheidung betrifft eine Studie zur finanziellen Situation von Airbus, die von uns an eine deutsch-französische
Forschergruppe in Auftrag gegeben wurde, um sicherzustellen, daß sich keine Seite übervorteilt fühlt.
Frage: Welche Rolle spielen die unterschiedlichen kulturellen Hintergründe der EBR-Mitglieder?
Patot: Die Unterschiede liegen in der gewerkschaftlichen Praxis. Generell kann man sagen, daß auf der einen Seite das
angelsächsische kompromißorientierte Modell steht und auf der anderen Seite das eher konfrontative lateinische Modell. Da
gibt es Verständnisprobleme und eine sehr unterschiedliche Problemwahrnehmung, ebenso in der Herangehensweise. Unsere
Aufgabe ist es, die unterschiedlichen Ansätze zusammenzuführen.
Frage: Wie kann man sich das vorstellen?
Patot: Wir werden z.B. im September 2007 ein EBR-Seminar zu den Unterschieden in den industriellen Beziehungen in den vier
Ländern durchführen, aus denen die EBR-Mitglieder kommen.
Frage: Was erleichtert die Zusammenarbeit im EBR für Sie?
Patot: Alles, was sich auf europäischer Ebene abspielt, ist relativ einfach. Die Probleme entstehen erst bei der
nationalen Umsetzung, weil jedes Land seine spezifischen Probleme hat. Trotzdem haben wir uns jetzt einer gemeinsamen
Lösung der Probleme zuzuwenden.
Frage: Welche Rolle spielt die Politik für EADS?
Patot: Persönlich glaube ich, daß die Politik durch ihre kurzfristige Denkweise eher alles verkompliziert. Das Problem, um
das sich Politiker streiten, wird auch nach den großen politischen Debatten – z. B. im Verlauf des französischen
Wahlkampfes – bestehen bleiben, aber davon redet dann keiner mehr. Aber mit dem Staat ist das anders: der Staat ist
wichtiger Kunde, unterstützt Forschung und Entwicklung und ist Aktionär.
Frage: Welche Rolle spielt der Europäische Metallgewerkschaftsbund (EMB)?
Patot: Bei EADS ist die gewerkschaftliche Verhandlungsmacht ziemlich beachtlich. Der EMB unterstützt, ermöglicht und
koordiniert die Verhandlung. Die Rolle des EMB setzt sich auf der Ebene der Zulieferer fort, die eine weniger entwickelte
gewerkschaftliche Struktur und eine geringere Verhandlungsmacht haben.
Gérard Patot ist Vorsitzender des Europäischen Betriebsrates von EADS und Mitglied des französischen
Gewerkschaftsbundes CGT-FO.
Das Interview führte Kathleen Kollewe am 11. April 2007.
Weitere Informationen:
 |
Bericht über
Airbus in den EBR-News 1/2007 |
 | Die
EBR-Vereinbarung von EADS im Wortlaut |

